Spaziergang entlang des Stadtwalls
Dass man in Freiburgs Altstadt fast überall auf eine wechselvolle Geschichte oder kuriose Besonderheiten trifft, möchte unser Spaziergang durch die Wallstraße beweisen. Beginnend südlich des Martinstores am Holzmarktplatz (früher: “Viehmarkt”) gehen wir in Richtung Osten. Der Platz spiegelt – knapp innerhalb der mittelalterlichen Mauer der Schneckenvorstadt gelegen – viele Veränderungen wider. Um 1600 wurden hier (auch) mutmaßliche Hexen enthauptet, bevor man sie auf dem außerhalb der Stadt gelegenen Rad-acker verbrannte. Später standen hier Kasernen, heute das Goethe-Gymnasium. Vis-à-vis wurde 1848 das Amtgericht im spätklassizistischen Stil erbaut, in dessen Dienstwohnungen einst Wilhelmine von Hillern (Autorin der “Geier-Wally”) mit ihrem Ehemann, dem badischen Hofgerichtsrat und späteren Präsidenten des Landgerichts, Hermann von Hillern lebte.
Links daneben schließt sich der neobarocke Erweiterungsbau an, hinter dem im einstigen Amtsgefängnis bis 1855 viele Deliquenten auf ihren letzten Weg zum Richtplatz warteten.
Gehen wir weiter Richtung Osten, so kann man links von der Straße erkennen, dass dort das Gelände stark abfällt. Denn wir befinden uns auf dem Stadtwall. Bereits im Mittelalter angelegt, wurde er nach der Eroberung Freiburgs durch König Ludwig XIV. von Frankreich 1677 in die Vaubansche Festungsanlage integriert. Nach deren Sprengung 1744/45, blieb der Wall gut ein Jahrhundert lang unbebaut, bis er zum Teil aufgeschüttet und erweitert wurde, um hier Häuser und Straßen anzulegen. Hinter den Gebäuden – deutlich tiefer gelegen – befinden sich viele Gärten im alten Graben. Vor dem Bau der französischen Festungsanlage floss hier die Dreisam, die von Vauban nach Süden verlegt wurde. Dies ist der Grund, weshalb sie heute in einem Bogen um die Altstadt fließt.
Das Haus Wallstraße 8, das Tibet Kailash Haus, weist in seinem Garten ein extremes Gefälle auf. Der Dalai Lama besuchte 2007 die Einrichtung, um im Garten eine Stupa einzuweihen.
Das Haus Nr. 10 beherbergte ab 1892 den Verlag von Friedrich Ernst Fehsenfeld, der neben vielen namhaften internationalen Autoren auch die Werke Karl Mays herausbrachte. Die berühmten grünen Bücher wurden im Verlag Fehsenfelds gedruckt und sind bis heute Kult. May war öfters in Freiburg zu Gast und besuchte – als “Old Shatterhand” gekleidet – gerne die Gasthäuser.
Eine Plakette erinnert an den Verlag und eine weitere an die russische Dichterin Marina Zwetajewa, die im Sommer 1905 in dem damals hier ansässigen Mädchenpensionat wohnte.
Weiter östlich stoßen wir rechts auf den Wallgraben-Park. Etwas versteckt kann man hier erneut den Wall sowie den davor liegenden Graben, das ehemalige Bett der Dreisam, entdecken. Zur Zeit der Franzosen befand sich hier eine Bastion, die bei der Neugestaltung des Areals vor wenigen Jahren sichtbar gemacht wurde.
Unter der Straße – aber noch sichtbar – kann man auch die Reste des alten Pulverturmes entdecken. Der obere Teil des mittelalterlichen Bauwerks musste dem Ring weichen, unter der Straße befindet sich aber noch ein versteckter Raum – völlig vergessen von der Zeit …
Hier im Park endet unser kleiner Rundgang.
Mehr und ausführlichere Geschichten gibt es bei den Führungen von Historix-Tours (Wallstraße 3). Infos: www.historix-tours.de
Hartmut Stiller
Bildquellen
- Mit dem Historix-Team Freiburgs wechselhafte Geschichte erkunden: Foto: privat