Höllentalbahn und Drei-Seen-Bahn
Die Höllentalbahn ist vom Schwarzwald so wenig wegzudenken wie der geräucherte Schinken und das Kirschwasser. Sie ist eine einzigartige Eisenbahnstrecke von Freiburg im Breisgau nach Neustadt und weiter bis Donaueschingen. Bei Titisee zweigt hiervon die Drei-Seen-Bahn nach See-brugg am Schluchsee ab. Die Streckenführung ist ebenso wie die Technik dieser höchsten Linie der Deutschen Bahn ganz außergewöhnlich und attraktiv ist vor allem, dass sie durch eine herrliche Landschaft führt, die von den Schienen aus ganz besonders gut wahrnehmbar ist. So blickt man z.B. in tiefe Talausschnitte, fährt mitten durch Tannenwälder (bei Schnee besonders schön) und blickt – vom leicht erhöhten Standpunkt aus – auf die glitzernden Wasserflächen von Titisee und Schluchsee und kann in der Ferne den Feldberg erspähen. Doch bis dies möglich wurde, waren Generationen von Ingenieurleistung notwendig.
Historisches
Über eine Eisenbahn durch das Höllental machte man sich lange Gedanken und träumte gar von einer Verbindung zwischen Freiburg und Schaffhausen; bereits seit 1845 waren Städte wie Basel und Freiburg an die Badische Hauptbahn in der Oberrheinebene angebunden. Aber beim damaligen Stand der Technik schien eine Bahnlinie durch das Höllental und über die Höhen des Schwarzwaldes kaum realisierbar, galt es doch eine enge Schlucht und einen steilen Höhenunterschied zwischen Himmelreich und Hinterzarten zu überwinden (das Etikett „die Höll“ wurde den Felsen beim Hirschsprung 1691 von Kaiser Leopold I. verpasst). Erst als die wirtschaftliche Situation im Hochschwarzwald des 19. Jahrhunderts immer schwieriger wurde, weil keine Waren (Werkzeuge, Haushaltsgegenstände) mit der Bahn transpor-tiert werden konnten, mussten dort viele Betriebe aufgeben; die Menschen zogen in die Stadt oder wanderten nach Übersee aus. So hat man sich, allen technischen Schwierigkeiten zum Trotz, 1882 für den Bau der Höllentalbahn entschieden; die Leitung übernahm Robert Gerwig, der bereits die Bahn im Nordschwarzwald mitgestaltet hatte. Es war mühsam, die Trasse anzulegen, über 600 Höhenmeter mussten überwunden werden, zahlreiche Hänge gegen Steinschlag abgesichert, sieben Tunnels gebaut und mehrere Brücken errichtet werden, darunter eine über die Ravenna-Schlucht (40 Meter hoch, 140 Meter lang). Zudem mussten die Lokomotiven neu ausgerüstet werden, denn vor allem am Höllensteig reichte ihre Antriebskraft nicht, um den Anstieg zu bezwingen; so erhielten sie zwei Antriebssysteme, eines auf Rädern sowie einen ergän-zenden Zahnradantrieb für die steilen Abschnitte. 1887 wurde die Höllentalbahn vom Badischen Großherzog Friedrich I. eingeweiht; sie begann am Bahnhof Freiburg und wurde direkt bis Neustadt geführt.
Verlängerungen und Verbesserung der Strecke
Der Weiterbau bis nach Donaueschingen erfolgte 1901. Der alte Wiehre-Bahnhof in Freiburg ist ein Relikt jener Anfangsphase, die 1934 mit dem Bau von Loretto- und Sternwaldtunnel zu Ende ging. Aufgegeben wurden auch die früheren Haltestellen Waldsee, Kappler Tal, Hirschsprung und Posthalte. Seit 1936 funktioniert die Höllentalbahn mit elektrischem Strom, die Dampflokomotiven waren passé (seit Kurzem fährt eine historische Dampflok mit Passagierwagen aus Großvaters Werkstatt, liebevoll restauriert, zu bestimmten Zeiten zwischen Seebrugg und Titisee: www.3seenbahn.de.
Vom Hauptbahnhof Freiburg bis zur Wiehre verläuft die Strecke zweigleisig, ansonsten eingleisig. In Himmelreich warten die Züge aufeinander, so dass sie in kürzeren Abständen durch das Höllental fahren können. An der Bahnstation Titisee lässt sich entweder Richtung Donaueschingen fahren oder Richtung Schluchsee – mit der Drei-Seen-Bahn (auch „Dreiseenbahn“ geschrieben). Diese eingleisige Nebenbahn (19,177 Kilometer lang) fährt bis Seebrugg und umfasst fünf Stationen, die sich alle in der Nähe der drei Seen Titisee, Windgfällweiher und Schluchsee befinden; hinzu kommen die Stationen Feldberg-Bärental und Aha als Kreuzungsbahnhöfe (hier lässt sich in verschiedene Busse umsteigen). Höllentalbahn und Drei-Seen-Bahn haben für den Pendler- und Schülerverkehr ebenso große Bedeutung wie für den Tourismus, was sich vor allem an den Wochenenden zeigt, insbesondere bei Schnee und Sommerhitze. Täglich werden rund 16.000 Fahrgäste befördert, gegebenenfalls einschließlich ihrer Fahrräder. Die Bahn kann einem nur gefallen, obwohl eine Klimaanlage fehlt und sie manchmal, wegen loser Felsbrocken, kurzzeitig gesperrt werden muss.
Ein detailliertes Buch zum Thema
Als Loblied und Sympathieerklärung an dieses kleine Wunderwerk lässt sich das sorgfältig gestaltete Buch des Autors Gerhard Greß „Höllentalbahn und Dreiseenbahn“ verstehen, das fachkundig deren Geschichte beschreibt – von der Entstehung über die Zahnradphase und die Elektrifizierung. Das bestens mit historischen Fotos ausgestattete Buch liefert auch zahlreiche Eindrücke dieser besonderen Landschaft, die früher stark durch mas-sive Schneefälle geprägt war. Erzählt werden auch Kuriosa aus der Geschichte des Bahnfahrens, etwa zu Preisen und Notsignalen. Zudem werden die jeweiligen (Trieb-) Fahrzeuge vorgestellt, wobei der Autor, der diesbezüglich schon früher im Freiburger Eisenbahn-Kurier publiziert hat, besonders von der schweren Güterzuglokomotive der Baureihe 44 und ihrer Einheits-Tenderlok (Baureihe 85) schwärmt, die auf der Höllentalbahn von 1933 bis 1960 im Einsatz war. Ein museales Exemplar dieser spezifischen Höllentalbahn-Maschine ist übrigens im Bahnbetriebswerk Freiburg zu besichtigen.
Buchtipp:
Gerhard Greß:
Die Höllentalbahn und Dreiseenbahn.
263 Seiten.
VGB Verlagsgruppe Bahn, Fürstenfeldbruck 2015
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